Letzte Woche habe ich mich auf eine Reise voller Herausforderungen und neuer Erfahrungen eingelassen.
Ich hatte die Möglichkeit, mit einer kleinen Gruppe an Leuten ein Kanu-Abenteuer für 4 Tage in den Nordwäldern von Wisconsin zu erleben. Das Ganze war von der Teaching Drum Outdoor School organisiert und angeleitet, was im Grunde damit gleichzusetzen ist, ganz tiefe in die Natur einzutauchen (das Programm hieß schließlich auch „Canoe Immersion“). Es ging darum, mit einfachen (manche würden sogar sagen primitiven) Hilfsmitteln und Techniken draußen zu leben. All das soll dabei helfen, sich wirklich mit der Natur und allem was uns umgibt zu verbinden.
Wir starten…
Am Anfang war mein Gefühl eine wilde Mischung aus Begeisterung, Neugierde und Angst – eine Mischung, die ich nur allzugut kenne, weil die meisten meiner Abenteuer damit beginnen. Der einzige Unterschied ist das Verhältnis der Intensität der einzelnen Gefühle zueinander.
Als wir dann tatsächlich begannen, die unterschiedlichen Techniken des Paddelns zu üben, fühle ich mich schnell recht sicher. Ich hatte das Gefühl, dass ich es im Grunde verstanden hatte wie es geht. Aber als wir dann endlich losfuhren, und unsere Reise mit allem Gepäck flussaufwärts antraten, wurde ich sehr schnell wieder daran erinnert, dass es nicht genug ist, dass man es verstanden, und vielleicht sogar ein paar mal ausprobiert hat. Nach dem fünften Ruderschlag waren die anderen bereits weit vor mir. Und nach fünf weiteren waren sie bereits hinter der nächsten Kurve des Flusses verschwunden.
Die ersten Herausforderungen
Schnell kamen Gedanken und Sorgen auf, dass die Anderen auf mich warten müssen und sicher bald über mich verärgert sein werden. Aber ich habe mich immer wieder daran erinnert, mich einfach nur auf die Paddel-Technik zu konzentrieren. Ich fokussierte mich darauf, kleine Änderungen in der Position des Paddels zu machen, damit ich langsam aber sicher lernen konnte, welche unterschiedlichen Reaktionen des Bootes die unterschiedlichen Drehungen und Wendungen des Paddels haben. Und irgendwie war ich froh, dass ich die anderen nicht mehr sehen konnte. Dadurch fühlte ich mich, als würde ich ganz alleine am Fluss entlanggleiten, und so viel Zeit haben wie ich wollte, um es zu lernen. Ich hatte das Gefühl, dass der Fluss und die Umgebung mir den Raum gaben, um das Paddeln in meiner eigenen Zeit zu lernen. – Und da schließlich die Übung den Meister macht, wurde ich tatsächlich besser nach einiger Zeit. Ich war zwar noch immer langsamer als die anderen, aber ich hätte ohnehin nicht schneller fahren wollen. Es ging mir schließlich darum, mich mit der Landschaft zu verbinden, und alle Eindrücke in Ruhe auf mich wirken zu lassen.
Am zweiten Tag habe ich bereits einige Verbesserungen bemerkt. Ich war zwar noch immer die langsamste in der Gruppe, aber ich hatte immer mehr herausgefunden, wie man das Boot steuert. Dadurch hatte ich tatsächlich Momente, wo ich mich einfach nur Eins mit dem Fluss und dem Boot und dem Paddel und der uns umgebenden Pflanzenwelt fühlte – kurz gesagt: ich habe mich verbunden und Eins mit dem Ökosystem „Fluss“ gefühlt. Ich habe nicht mehr ans Paddeln gedacht, sondern bin einfach nur leise und elegant am Fluss dahingeglitten. Diese Erfahrung hatte so einen beruhigenden Effekt, dass ich mich noch jetzt damit verbinden kann, obwohl ich inzwischen schon einige Tage zurück im warmen, trockenen Haus bin.
Das Geschenk
Unser dritter Tag hatte jedoch ein ganz besonderes Geschenk. So niederschwellig und trotzdem so kraftvoll. Schon während der Nacht hatte es begonnen zu regnen und so ging es den ganzen Tag weiter. Und das einzig vernünftige, das in der Natur lebende Menschen an so einem Tag machen ist, dass sie in ihrem Unterschlupf bleiben. Dass sie darauf achten, so trocken und warm wie möglich zu bleiben, und sich Zeit nehmen, über das Leben zu reflektieren, zu schreiben, zu schlafen, oder zu beobachten – was auch immer vom eigenen Unterschlupf aus zu beobachten ist.
Obwohl der ganze Ausflug als Kanu-Ausflug gedacht war, und dort der Fokus liegen sollte, war bei allen TeilnehmerInnen dieser eine Tag, an dem wir nichts anderes tun konnten als im Zelt sitzen und „eine Verabredung mit uns selbst“ zu haben, der Tag, der am meisten in Erinnerung geblieben ist.
Es könnte ewig so weiter gehen
Am vierten und letzten Tag war zwar kein Regen, dafür kam im Laufe der Zeit leichter Schneeregen auf (also musste es wohl kalt gewesen sein), als wir dem Rückweg antraten. Und dennoch hätten wir alle noch weiterpaddeln können. Wir hatten uns so an die Umgebung und das Wetter gewöhnt, dass wir die Kälte und Feuchtigkeit zwar gefühlt haben, es sich aber nicht schrecklich angefühlt hat. Und ich vermute, das ist genau das, was wir uns immer erhoffen können, wenn wir in egal welcher unangenemen Außen-Situation sind…
Erkenntnis
Die ganze Zeit entscheiden wir durch unsere Gedanken, ob eine Erfahrung sich positiv oder negativ anfühlt. Ob wir dankbar sind für unerwartete Änderungen, die wir uns vielleicht nicht gewünscht haben, aber die dennoch sehr wertvolle Erfahrungen werden. Oder ob wir enttäuscht sind weil es nicht so gelaufen ist, wie gedacht. Im Grunde liegt es immer in unserer Hand.